Gastbeitrag von Manfred Meyer
Sie wurde die »Rote Jungfrau vom Montmartre« genannt. Die damals 40-jährige Lehrerin Louise Michel war aktive Teilnehmerin an den politischen wie militärischen Auseinandersetzungen. Mit mutigen, mitreißenden Reden entriss Louise Michel mit ihren Mitstreiterinnen vom Aufpasserauschuss des 18. Stadtbezirks in letzter Minute am 18. März 1871 den aus Versailles angerückten französischen Soldaten die Kanonen vom Montmartre – ohne dass ein Schuss fiel. Zwar saß damals der französische Kaiser Napoléon III. bereits gefangen in Frankfurt (Main), und am 31. Januar 1871 war die Kaiserproklamation des Preußenkönigs Wilhelm I. im Versailler Schloss erfolgt – doch der Krieg ging weiter. Trotz Hungersnot ergab sich das eingeschlossene Paris nicht.
Schon am 31. Oktober 1870 hatten Nationalgardisten »Es lebe die Kommune!« ausgerufen, nachdem Ausbruchsversuche der neu formierten republikanischen Soldaten immer wieder mit Niederlagen endeten. Am 7. Januar 1871 forderte ein vielerorts angeklebtes rotes Plakat, verfasst vom radikalen Journalisten Louis Vallès, im Namen des Komitees der 20 Pariser Stadtbezirke zum Aufstand und zur Bildung einer Volksregierung auf. Doch erst nach den Verbrüderungsszenen auf dem Montmartre kam es dazu. Noch am Abend des 18. März wurden die befehlshabenden Generäle Lecomte und Clément Thomas, die den Soldaten Schießbefehl erteilt hatten, von den »Communards« erschossen. Mit den in Paris verbliebenen 40 000 Mann Nationalgarde wollten die empörten Volksmassen dem »defätistischen Versailles« und den deutschen Truppen eine Lektion erteilen.

